Nimmt Bezug auf diesen Mainpost Artikel:
https://www.mainpost.de/regional/rhoengrabfeld/gabolshausenoffensichtlich-kaum-kritik-an-mobilfunkvorhaben;art767,10508952
Aus dem Zeitungsbericht:
„In der Sitzung stellte Stadtrat Tobias Saam den Antrag, einen Punkt aus dem
nichtöffentlichen Teil im öffentlichen Sitzungsteil zu behandeln. Der Stadtrat
lehnte das mit 11 gegen 8 Stimmen ab. Nach Aussage von Elisa Sperl,
Geschäftsführerin der Stadt, am Tag nach der Sitzung gegenüber der Redaktion,
sei der Beschluss richtig gewesen, da es in dem besagten Tagesordnungspunkt um
Interna ging.“
Da mir persönlich die Transparenz
von Kommunalpolitik sehr wichtig ist, will ich diesen Ausschnitt aus dem
Mainpost-Bericht zum Anlass für einen Blog-Eintrag zum Thema nichtöffentliche
Stadtratssitzungen nehmen. Ich möchte mit diesem Eintrag die rechtlichen
Grundlagen zum Thema erklären und an mich gestellte Fragen zum Zeitungsartikel
beantworten.
Die gesetzliche Regelung zur
Öffentlichkeit der Stadtratssitzungen in Art.52 Absatz 2 BayGO (Bayerische
Gemeindeordnung) ist sehr deutlich: „Die Sitzungen sind öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der
Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche einzelner entgegenstehen.“
Es bedeutet genau das, was dasteht: Die Sitzungen sind zwingend, ohne
Wahlmöglichkeit, öffentlich abzuhalten, solange nicht das Wohl der
Allgemeinheit oder berechtigte Ansprüche einzelner entgegenstehen. Beschlüsse,
die zu Unrecht die Öffentlichkeit ausschließen, sind ohne Wenn und Aber unwirksam,
da die „Öffentlichkeit für den demokratischen Willensbildungsprozess
überragende Bedeutung hat“ (so der Bayerische Verwaltungsgerichtshof). Es kann also
fatale Folgen haben, die Öffentlichkeit zu Unrecht auszuschließen.
Was sind jetzt diese Ausnahmefälle, das „Wohl der
Allgemeinheit“ oder „Ansprüche Einzelner“?
Die Geschäftsordnung des Stadtrates
Bad Königshofen nennt in § 22 Absatz 1 einige Beispiele:
Personalangelegenheiten
in Einzelfällen, Rechtsgeschäfte in Grundstücksangelegenheiten,
Angelegenheiten, die dem Sozial- oder Steuergeheimnis unterliegen, Vergabe von
Bau- und sonstigen Aufträgen und Konzessionen.
Damit sollen grundsätzlich manche
Nachteile für die Kommune bzw. deren Verhandlungspartner oder betroffene Bürger
vermieden werden und deshalb gibt es einige wenige Ausnahmen vom Grundsatz der Öffentlichkeit.
Verhandelt die Stadt öffentlich mit einem Bauunternehmer einen Preis, so weiß
der nächste Unternehmer natürlich direkt, wieviel die Stadt zu bieten bereit
ist oder was die Konkurrenz so verlangt usw. Das Personalangelegenheiten im
Einzelnen nicht öffentlich behandelt werden können, leuchtet, denke ich, jedem
ein.
Das Verfahren läuft dann so, dass der Stadtrat selbst
und im Geheimen darüber abstimmt, ob etwas öffentlich oder nichtöffentlich
beraten wird (Art. 52 Abs.2 BayGO). Wichtig ist: Es gibt kein Recht der
Stadträte, etwas „lieber im kleinen Kreis zu besprechen“ oder „das unter sich
auszumachen“. Auch das Argument: „Wenn wir das öffentlich besprechen, ist das
schlecht für das Image der Stadt“, ist kein zulässiger Grund, die
Öffentlichkeit auszuschließen. Der Stadtrat ist kein Verein, der seine eigenen
Regeln aufstellt. Er ist ein vom Bürger gewähltes Gremium, welches dem Gesetz
untersteht und auch vom Bürger eingesehen und kontrolliert werden soll. Die
Sitzung ist zwingend öffentlich, es sei denn, es liegt einer der oben genannten
Ausnahmefälle vor, dann ist die Sitzung zwingend nichtöffentlich.
Der einzelne Stadtrat darf also bei der Abstimmung über den Ausschluss der
Öffentlichkeit auf keinen Fall überlegen: „Würde ich das lieber im nichtöffentlichen
Teil besprechen?“ Er muss sich vielmehr fragen: „Liegt einer der Ausnahmegründe
vor oder nicht?“ Nur wenn einer der Gründe vorliegt, darf er für den Ausschluss
der Öffentlichkeit stimmen.
Besonders heikel ist dabei übrigens: Wenn ein einzelner Stadtrat überzeugt ist,
dass ein brisanter Punkt öffentlich zu verhandeln gewesen wäre, aber das
Gremium dagegen gestimmt hat, darf er wegen der Schweigepflicht niemandem von
diesem Sachverhalt erzählen und ist somit effektiv „mundtot“.
Zurück zu unserem Zeitungsbericht: Es wurden „Interna“
besprochen, die Abstimmung ging 11 zu 8 aus.
Wie gerade erklärt, ist nicht nach persönlicher Vorliebe abzustimmen, sondern
einzig danach, ob ein Ausnahmegrund vorliegt oder nicht. Das bedeutet schon einmal,
dass sich entweder die 8 oder die 11 Stadträte geirrt haben. Wobei es natürlich
in manchen Graubereichen schwierig sein kann, von „richtig“ oder „falsch“ zu
sprechen.
„Interna“ kann alles bedeuten, erfahren werden wir Nicht-Stadträte es wohl nie.
Aber ich gehe davon aus, dass der Grund für die nichtöffentliche Sitzung in
Wahrheit etwas wichtiger war, als „Interna“ es vermuten lassen. Denn meiner
Meinung nach gibt es keinen Ausnahmegrund, welcher die geheime Besprechung von
Interna erlaubt. Dann wäre der Punkt zwingend öffentlich zu beraten gewesen.
Ich hoffe auf jeden Fall, dass sich die Stadträte der Stadt
Bad Königshofen darüber bewusst sind, was bei der Frage des Ausschlusses der
Öffentlichkeit alles zu beachten ist und dementsprechend ihre Stimme abgeben.
Wir als Bürger sind darauf angewiesen.
Zwei kurze Dinge zu Frau Sperls Rolle im Zeitungsbericht, da
ich konkret danach gefragt wurde:
1. Warum weiß sie, was da beraten wurde, es war doch
nichtöffentlich?
Da Frau Sperl dem Stadtrat nicht angehört (nur Bürgermeister und Stadträte,
Art. 31 Abs.1 BayGO) hätte sie grundsätzlich nicht dabei sein dürfen. Alle
Personen, außer den Stadtratsmitgliedern, dürfen nur nach ausdrücklichem
Beschluss der nichtöffentlichen Sitzung beiwohnen (§ 22 Abs.2 Geschäftsordnung).
Jederzeit anwesend sein darf allerdings die Protokollführerin. Ich schätze mal,
dass man das Problem so gelöst hat. Aktiv in die Debatten des Stadtrats
eingreifen darf aber weder sie, noch sonst ein externer Teilnehmer, egal ob in
der öffentlichen oder nichtöffentlichen Sitzung. Die Teilnehmer können
höchstens vom Stadtrat zu gewissen Dingen um Auskunft oder Meinung gebeten
werden.
2. Warum entscheidet Frau Sperl, ob die Entscheidung des
Stadtrats „richtig“ war, wie es in der Zeitung steht?
Sie entscheidet das nicht. Der Stadtrat überwacht die Stadtverwaltung, nicht
andersherum, Art. 30 Abs.3 BayGO. Ich denke, die Zeitung hat nur Frau Sperls
Rechtsmeinung wiedergegeben. Die tatsächliche rechtliche Überwachung solcher
Beschlüsse übernimmt im Zweifel die Rechts- bzw. Fachaufsichtsbehörde, das
Landratsamt.
Zum Abschluss noch ein Lob an die Mainpost. Ich finde es super,
dass am nächsten Tag direkt nachgehakt wurde, warum die Öffentlichkeit
ausgeschlossen worden war.
Tobias Matz
P.S. in eigener Sache:
Die Blogbetreiber (also im Moment Andreas und ich) freuen
sich jederzeit über Rückmeldungen, Anregungen oder einfach nur
Diskussionsbeiträge, gerne auch hier als Kommentar (bitte nur mit echtem Namen,
sonst wird der Kommentar gelöscht). Es würde uns freuen, wenn der Blog eine
lebendige Umgebung wird, in welcher kommunalpolitische Themen in entspannter
Runde abseits von Facebook-Likes und allem, was dazu gehört, diskutiert werden
könnten.
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